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Architekturbiennale in Venedig 2023: Architektur, Mensch und Umwelt

Die Architekturbiennale in Venedig reagiert wie ein Chamäleon auf die Zeichen der Zeit. Einst als internationale Leistungsschau konzipiert, spielt das Ego heute in der Lagune kaum eine Rolle mehr. Die Wechselbeziehungen zwischen Architektur, Mensch und Umwelt rücken in den Fokus und damit auch gesellschaftliche Fragen, die brennend Antworten fordern.

Architektur in Venedig auszustellen, bleibt eine Herausforderung: Das Exponat ist ein abstrahiertes Abbild, fragmentiert im Plan oder eben der Deutsche Pavillon selbst. Als nun die Architektin, Theoretikerin und Professorin Lesley Lokko, von der bis dato kaum jemand gehört hatte, als Kuratorin der Biennale Architettura 2023 ernannt wurde, war absehbar, dass unser Blick auf Architektur herausgefordert werden könnte.

In ihrer Ausstellung „Laboratory of the Future“ wird im Arsenale und in der Hauptausstellung untersucht, wie Architektur unsere Sinne ansprechen und uns neue Erfahrungen bieten kann. Die Ausstellung zeigt eine Reihe von Projekten, die mit Licht, Klang, Geruch, Geschmack und Haptik arbeiten, um Räume zu schaffen, die sowohl ästhetisch ansprechend als auch sinnlich bereichernd sind. Die Ausstellung wagt es zudem, den westlich geprägten Blick der Architektur-Industrie in Frage zu stellen. Mit Lesley Lokko erfahren wir zum Staunen viel über das Bauen auf der Südhalbkugel unseres Planeten.

„Es ist unmöglich, eine bessere Welt aufzubauen, wenn man sie sich nicht vorher vorstellen kann“, konstatiert Lesley Lokko. Die 18. Biennale Architettura mag herausfordern sein. Mindopening ist sie auf jeden Fall. Besuch empfohlen.

Die Liste der 55 beteiligten Studios der Hauptausstellung ist somit auch so divers wie noch nie: darunter die südafrikanische Architektinnen Kate Otten und Sumayya Vally, der britische Architekt Sir David Adjaye, Francis Kéré aus Berlin und Ouagadougou, der US-amerikanische Konzeptkünstler Theaster Gates, die Schweizer Videokünstlerin Ursula Biemann, das Duo Lyndon Neri und Rossana Hu aus Shanghai, Flores & Prats aus Barcelona, der chinesische Architekt Zhang Ke sowie spannende Köpfe wie Andrés Jaque, Liam Young u.v.m.

In den Giardini mit ihren Länderpavillons versuchen sich viele Aussteller ebenfalls von Plänen, Skizzen und erklärenden Texten zu distanzieren. Es wird performativ, abstrakt, aber auch ausgenommen pragmatisch. Nach Jahrzehnten der visuell geprägten Wahrnehmung von Architektur rücken dabei generell immer mehr ihre „inneren Werte“, Materialität, Licht- und Raumklima, soziale Aspekte, Ökologie und Gesundheit ins Blickfeld.

Dass sich die Wahrnehmung von Architektur ein Stück weit von ihrer äußeren Erscheinung zu lösen scheint, ist vielleicht als logische Konsequenz der Veränderung unserer Welt zu verstehen. Der Bilbao-Effekt, die reine Effekt-Architektur, verliert zumindest in Nordeuropa zunehmend ihren Reiz. Imposante Gebäude, die neben äußerlichem Eindruck nichts zu bieten haben, stoßen heute kaum noch auf Sympathie. Gleichzeitig stehen wir als Menschheit vor Herausforderungen, die uns zum Handeln zwingen und uns obszöne Verschwendung verbieten. Ein neues Verantwortungsgefühl, aber auch gestiegene Erwartungen an den Raum fordern also den Architekten heraus. Diese Biennale zeigt Lösungen und Ideen, die optimistisch stimmen.

Biennale Architettura di Venezia

Vom 20. Mai bis 26. November 2023 in Venedig
Infos: https://www.labiennale.org/en/architectu

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